Deutsche Investitionen herzlich willkommen!
Dynamisches Wachstum und hervorragende Infrastruktur: IHK informiert über Marktchancen in Spanien und Portugal.


Die Weltwirtschaft befindet sich in rauem Klima: Importzölle in den USA, massiver Wettbewerb aus China und Handelskonflikte stellen viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Umso wichtiger wird die Suche nach stabilen Märkten und verlässlichen Partnern. Auf der IHK-Veranstaltung „Marktchancen Iberische Halbinsel“ in der IHK-Akademie Mittelfranken in Nürnberg zeigte sich: Spanien und Portugal haben genau das zu bieten – attraktive Rahmenbedingungen, Rechtssicherheit und stabile Wirtschaftsdaten.
Spanien: Wirtschaftsdynamik und Top-Infrastruktur
Spanien ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsland, sondern eine bedeutende Industrienation mit überdurchschnittlichem Wachstum. Mit seiner leistungsfähigen Wirtschaft und mit seiner hervorragenden Infrastruktur ist das Land ein wichtiger Brückenkopf nach Lateinamerika und Asien, so Markus Kemper, stellvertretender Geschäftsführer der Deutsch-Spanischen Auslandshandelskammer (AHK) in Madrid.
Das spanische Bruttoinlandsprodukt wächst seit Jahren kontinuierlich: 2024 legte es um 3,2 Prozent zu – weit über dem EU-Durchschnitt. Die Bundesrepublik Deutschland ist einer der wichtigsten Partner: Sie rangiert nach Frankreich auf Platz zwei als Exportziel spanischer Waren und belegt den Spitzenplatz bei den Importen. Das Handelsvolumen steigt stetig, der Überschuss zugunsten Deutschlands liegt bei über 15 Mrd. Euro. Zudem ist Deutschland der wichtigste Investor: Rund 1 600 deutsche Unternehmen sind bereits im Land aktiv. Das sei ein klares Indiz, dass Spanien Investoren nicht nur willkommen heiße, sondern auch verlässliche Rahmenbedingungen biete, so Kemper.
Die Infrastruktur ist auf Weltklasse-Niveau: Spanien hat das drittlängste Autobahnnetz der Welt (nach den USA und China) und das zweitgrößte Hochgeschwindigkeitsnetz für Züge. Mit einer Pünktlichkeitsquote von 90 Prozent gilt es als Vorbild in Europa. Diese Logistikvorteile machen Spanien, das sich auch als Brücke nach Portugal, Lateinamerika und Afrika empfiehlt, für produzierende Unternehmen und den Handel gleichermaßen interessant. Ein Pluspunkt ist das enge Netz an Zulieferbetrieben, als Schwäche der spanischen Wirtschaft nannte Kemper jedoch die Vielzahl an Kleinstbetrieben mit geringer Produktivität.
Gute Chancen für deutsche Unternehmen sieht Kemper beispielsweise in folgenden Branchen:
- Automobilindustrie: Spanien ist der zweitgrößte Autoproduzent in der EU und liegt weltweit auf Platz 8. Zahlreiche internationale Hersteller betreiben dort Produktionsstandorte.
- Chemie und Pharma: Die Branche präsentiert sich wachstumsstark und hat eine hohe Exportquote.
- IT und Digitalisierung: Weil Spanien schon seit den 90er Jahren in Glasfasernetze investiert, ist es heute Spitzenreiter in Europa bei Breitbandanschlüssen. Außerdem entwickelt es sich zu einem attraktiven IT-Standort.
- Energie: Spanien baut die erneuerbaren Energien stark aus, vor allem Photovoltaik und Windenergie. Experten sehen aber noch viel Potenzial, sodass sich hier Ansatzpunkte für ein Engagement ausländischer Unternehmen bieten. Das gilt auch für Netzausbau und Netzstabilität, wo Nachholbedarf besteht, wie auch der Blackout in fast ganz Spanien im April dieses Jahres gezeigt hat.
In Spanien entstehen Geschäfte zwischen Menschen, nicht zwischen Unternehmen, sagte AHK-Experte Kemper. Vertrauen und persönliche Nähe seien entscheidend für langfristige Geschäftsverbindungen. Ein direktes „Nein“ gelte als unhöflich, Kritik sollte besser indirekt geäußert werden. Deutsche Unternehmen seien immer wieder überrascht über die hohe Flexibilität und Lösungsorientierung der Spanier, sodass gerade in schwierigen Situationen gute Wege gefunden werden. Probleme gebe es jedoch bisweilen aufgrund der oft unzureichenden Fremdsprachkenntnisse.
Portugal – IT und erneuerbare Energien
Portugal punktet mit Stabilität, wachsender Innovationskraft und günstigen Standortbedingungen, so Paulo Azevedo, stellvertretender Geschäftsführer der Deutsch-Portugiesischen AHK in Lissabon. Etwa 720 deutsche Unternehmen sind dort aktiv – Tendenz steigend. Die portugiesische Wirtschaft wächst solide, die Zuwächse lagen in den letzten Jahren konstant über dem EU-Schnitt. Erwähnenswert ist auch die lebendige Gründerszene mit vielen Start-ups. Deutschland ist nach Spanien der wichtigste Handelspartner Portugals. Chancen für deutsche Unternehmen bieten auch die hohen staatlichen Investitionen, beispielsweise in Zukunftsfelder wie Klimaschutz und Digitalisierung.
Für ausländische Unternehmen bieten sich laut Azevedo gute Geschäftschancen u. a. in diesen Branchen:
- Metall- und Maschinenbau: Historisch gewachsene Strukturen machen Portugal zu einem wichtigen Werkzeuglieferanten mit großem Exportgeschäft. Lokale Zuliefernetzwerke und vergleichsweise günstige Energiekosten stützen das Wachstum.
- erneuerbare Energien: Beim Ausbau der erneuerbaren Energien hat Portugal große Fortschritte gemacht und zählt hier zu den europäischen Vorreitern. Im Jahr 2024 stammten bereits 87 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen, bis 2030 sollen es 93 Prozent sein.
- IT-Wirtschaft: Portugal positioniert sich als internationaler IT-Standort, besonders für Software-Entwicklung, Rechenzentren und Künstliche Intelligenz. Das Auslandsgeschäft mit digitalen Dienstleistungen wächst dynamisch. Deutsche Unternehmen siedeln deshalb zunehmend Forschungs- und Entwicklungszentren in Portugal an, wo sie hochqualifizierte junge Ingenieure finden.
„Die deutsche Verlässlichkeit gepaart mit der Kreativität der Portugiesen ist eine perfekte Symbiose“, sagte Acevedo, demzufolge Produkte „Made in Germany“ hohes Ansehen genießen. Portugiesen gelten als offen, zugleich aber als weniger direkt als Deutsche. Probleme werden meist diskret im bilateralen Gespräch gelöst. Hierarchien sind in den Betrieben stark ausgeprägt, Entscheidungen trifft oft der oberste Chef. Titel spielen eine Rolle, doch man wechselt rasch zum Vornamen, siezt sich aber weiterhin. Geschäftsgespräche finden häufig beim Essen statt, so die Erfahrung von Paulo Azevedo, der die guten Fremdsprachenkenntnisse der Portugiesen lobt.
Autorin: Antje Schweinfurth
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