Hier schlägt Brasiliens wirtschaftliches Herz
Erfolgreiche Geschäfte in der Region São Paulo: „Roadshow“ in der IHK informierte über Marktzugang und Investitionen.
Der Bundesstaat São Paulo ist die wirtschaftliche Herzkammer Brasiliens: Mit seinen 46 Mio. Einwohnern erwirtschaftet er über 30 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung. Rund 800 deutsche Unternehmen sind dort aktiv, was die Region zum größten deutschen Industriestandort außerhalb Deutschlands macht. Die „Roadshow Brasilien“ in der IHK informierte darüber, was man bei Investitionen in dem Bundesstaat und in Brasilien beachten sollte.
Innerhalb Lateinamerikas ist São Paulo in zahlreichen Sektoren tonangebend: Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, erneuerbare Energien, Umwelttechnologien und Medizintechnik sind einige von ihnen. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Regionen des Landes verfügt der Bundesstaat über eine erstklassige Infrastruktur, wie die Referenten der Informationsveranstaltung hervorhoben: zwei internationale Flughäfen, der größte Hafen Lateinamerikas in Santos und ein dichtes Autobahn- und Bahnnetz, in das zuletzt Milliarden investiert wurden. Die Stadt ist zugleich das Finanzzentrum des Landes und kann auf eine hohe Konzentration von Forschungseinrichtungen und Hochschulen verweisen. Allerdings ist das Leben in einer Mega-City wie São Paulo nicht jedermanns Sache: Deshalb empfahlen die Referenten, auch andere Standorte im Bundesstaat wie Campinas, Sorocaba oder São José dos Campos zu prüfen, die mehr Sicherheit und Natur bieten.
Ein wichtiger Partner, der Unternehmen bei Investitionen und Markteinstieg im Bundesstaat berät, ist die Wirtschaftsförderagentur InvestSP (https://investsp.org.br/). Sie unterstützt mit Marktinformationen, Behördenkontakten und Standortsuche. Auch die Deutsch-Brasilianische Auslandshandelskammer (AHK) und die Bayerische Repräsentanz in Brasilien (beide mit Sitz in São Paulo) leisten wertvolle Unterstützung für bayerische Unternehmen, die sich in dem Land engagieren und mit potenziellen Geschäftspartnern in Kontakt kommen möchten (www.ahkbrasilien.com.br / www.bavariaworldwide.de/brasilien/home/)
Ein Ärgernis für viele europäische Unternehmen in Brasilien ist das jahrzehntelange Hin und Her beim Freihandelsabkommen Mercosur mit der EU, das nun doch noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Dr. Georg Witschel, früherer deutscher Botschafter in Brasilien, wurde auch mit Hinblick auf die starke Konkurrenz aus China und den USA deutlich: „Wir schießen uns in beide eigene Knie, wenn wir das nicht hinbekommen. Denn sonst freuen sich andere.“ Das Mercosur-Abkommen verspricht zusätzliche Investitionssicherheit, Zollabbau und Marktzugang zu einem Wirtschaftsraum mit über 700 Mio. Menschen. Ebenso ärgerlich ist, so die Experten bei der Informationsveranstaltung, dass auch beim Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Brasilien seit Jahren die Unterschrift aussteht. Immer wieder ist der Abschluss an Details gescheitert.
Dabei wäre für Deutschland Eile geboten, um nicht weiter gegenüber China ins Hintertreffen geraten. Zwar sei der deutsch-brasilianische Handel in den letzten Jahren deutlich gestiegen, so Luiz Eduardo Fonseca de Carvalho Gonçalves, Gesandter der brasilianischen Botschaft in Berlin. Doch die Chinesen konnten ihre Marktanteile überdurchschnittlich ausbauen, sogar bei hochwertigen Investitionsgütern wie Maschinen haben sie die Nase vorne.
Staatliches Reformprogramm
Der brasilianische Staat hat ein umfangreiches Programm auf den Weg gebracht, um Investitionen vor allem in der Industrie anzuregen – insbesondere in klimafreundliche und digitale Technologien. Außerdem sind eine Steuer- und eine Verwaltungsreform im Gange, um das überaus komplexe Steuersystem und die oft sehr langen Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, die viele in- und ausländische Unternehmen kritisieren.
Die brasilianischen Referenten bei der Veranstaltung sprachen solche Defizite deutlich an. Die Wirtschaft klage außerdem über häufige und unangekündigte Gesetzesänderungen, hohe Zinsen, umfangreiche Lizenzpflichten und langwierige Importprozesse. IHK-Vizepräsident Wido Fath, Geschäftsführer der Fath GmbH in Spalt, hatte in diesem Zusammenhang eine wichtige Empfehlung: Immer ausreichend Import- und Exportgenehmigungen gemäß dem sogenannten „Radar“-System beantragen! Sonst scheitern Lieferungen oft an dieser bürokratischen Hürde, so der Unternehmer, der seit Langem in Brasilien aktiv ist. Die Expertinnen und Experten der „Roadshow“ waren sich einig: Der Markteintritt erfordert sorgfältige Planung, rechtliche Expertise und kulturelles Wissen. Aber bei guter Vorbereitung seien in Brasilien lukrative Geschäfte zu machen.
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