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Nicht alle Wege führen nach Osten

Die Region Nürnberg verfügt über eine hervorragende Verkehrsinfrastruktur, doch der schleppende Ausbau der Verkehrswege nach Mittel- und Osteuropa bedroht diesen Standortvorteil. Diese Zwischenbilanz zogen ein halbes Jahr nach der EU-Osterweitung Verkehrsexperten aus mehreren Ländern bei der „Internationalen Verkehrskonferenz Mittel- und Osteuropa“ in der IHK.

IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt und Harald Leupold, Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses und Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH, bezeichneten die Ausgangsbedingungen der Region als „hervorragend“. Die Verkehrsanbindung sei für die EU ein wesentlicher Grund gewesen, dem Wirtschaftsraum das Prädikat „Gateway to Eastern Europe“ zu verleihen.

„Paneuropäische Korridore“
Eingebunden ist Nürnberg auch in zwei von der EU festgelegte so genannte „Paneuropäische Korridore“ mit großer Bedeutung für den Verkehr gen Osten: Dies sind der Korridor IV (Nürnberg – Prag - Wien – Budapest – Sofia – Thessaloniki / Istanbul) sowie der Korridor VII (Donau). Die IHK wünscht sich zudem eine Einbindung in den Korridor X, der derzeit erst in Salzburg beginnt, aber problemlos auf Nürnberg erweiterbar wäre. Ebenfalls von großer Bedeutung sei für Nürnberg die Anbindung an Korridor III, der sich bisher von Dresden ausgehend Richtung Krakau und Kiew erstreckt.

Diese Lücken zeigen bereits ein Manko der Verkehrsinfrastruktur, auf das neben den IHK-Vertretern auch Staatsminister Dr. Günther Beckstein hinwies: Das Güterverkehrsaufkommen aus Richtung Osten wird sich bis 2015 vervielfachen, wobei die prognostizierten Verkehrszuwächse für Bayern deutlich höher ausfallen als im übrigen Bundesgebiet. Beckstein forderte deshalb ein Infrastrukturprogramm „Verkehrsprojekte Europäische Einheit“, das ähnlich den „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“ aufgebaut sein müsse. Nur so sei die durchgängige Finanzierung und zügige Fertigstellung wichtiger Projekte möglich. Einen Vorstoß in gleicher Richtung hatte die IHK im Herbst letzten Jahres gegenüber Europa- und Bundestagsabgeordneten sowie den EU-Kommissaren Verheugen und Barrot gemacht.

Eine grenzüberschreitende Planung und Verkehrspolitik habe bis zur EU-Osterweiterung nicht stattgefunden, erklärten die beiden Vertreter der Paneuropäischen Korridore. Otto Schwetz, Geschäftsführer des Paneuropäischen Korridors VII aus Wien, sieht auf Europa einen Verkehrskollaps zukommen, sollte eine gemeinsame Planung nicht bald in Gang kommen. Sein Kollege vom Paneuropäischen Korridor IV, Herwig Nowak, nannte die finanzielle Ausstattung „unbefriedigend“: Für die 1996 beschlossenen Leitlinien der Transeuropäischen Netze sei eine Investitionssumme von 400 Mrd. Euro bis 2010 festgelegt worden, in den ersten sechs Jahren seien jedoch gerade einmal 20 Prozent verwirklicht worden.

Leupold führte für die Region Nürnberg u.a. folgende konkrete Projekte auf, die vordringlich für den Osteuropa-Verkehr seien: Lückenschluss der A 6 von Amberg bis zur tschechischen Landesgrenze, Verlängerung der A 70 von Bayreuth nach Cheb (Eger), der sechsstreifiger Ausbau der A 6 von Nürnberg nach Heilbronn sowie der A 3 von Nürnberg nach Aschaffenburg, Donau-Ausbau bei Straubing - Vilshofen sowie Ausbau der Anlagen für den Kombinierten Ladungsverkehr am Nürnberger Güterverkehrszentrum durch die Hafen-Gesellschaft und die Bahn.

Staatssekretär Ralf Nagel vom Bundesverkehrsministerium konnte zumindest teilweise Entwarnung geben: Nach dem 2004 erfolgten Baubeginn zwischen Amberg/Ost und Pfreimd seien nun alle noch offenen Teilabschnitte der A 6 auf deutscher Seite im Bau. Man sei deshalb zuversichtlich, dass diese Autobahn im Jahr 2008 durchgehend fertig gestellt werde. An Staatssekretär Nagel und an Jirí Chládek, Ministerialrat im Ministerium für Verkehr der Tschechischen Republik, richtete sich die dringende Bitte, auch den Schienenverkehr Richtung Tschechische Republik möglichst bald zu verbessern. So nehmen die Bauarbeiten an der Strecke Cheb (Eger) - Prag mehrere Jahre in Anspruch. Die Deutsche Bahn stellt während der Bauphase die Fernverbindung von Nürnberg über Marktredwitz und Cheb ein. Dies wurde vom Plenum kritisiert, statt dessen sollte an zügigen Verbesserungen Richtung Prag gearbeitet werden.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2005, Seite 24

 
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