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Finanzwirtschaft in Mittelfranken

Stabil trotz Finanzkrise

Finanzmarkt- und Konjunkturkrise? Bei den Kreditinstituten und Versicherungen in der Metropolregion Nürnberg sind die Katastrophenmeldungen im Jahr 2009 ausgeblieben.

Das Neugeschäft läuft besser als im Vorjahr, was in Zeiten einer globalen Finanzmarktkrise nicht selbstverständlich ist“, sagt Peter M. Endres, Vorstandsvorsitzender der KarstadtQuelle Versicherungen. Nach seiner Einschätzung werden die Brutto-Beiträge bis zum Jahresende „wohl sogar zweistellig wachsen“. Aber dennoch plant das Management der Direktversicherung, die vor 25 Jahren gegründet wurde und heute zur Ergo-Versicherungsgruppe gehört, nach der Quelle-Pleite eine Umbenennung. Mit über vier Mio. Kunden ist das Unternehmen nach eigenen Angaben inzwischen der meistgewählte deutsche Direktversicherer, alle Produkte sollen der Unternehmensphilosophie („einfach, fair und verständlich“) entsprechen. Innerhalb der Metropolregion hat sich die Versicherung mit über 1 800 Mitarbeitern in den vergangenen Jahren zu einem Job-Motor entwickelt.

Zu den Größen der deutschen Versicherungswirtschaft gehört die Nürnberger Versicherungsgruppe mit einem Umsatz von 4,5 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2008 und rund 30 000 Mitarbeitern im Innen- und Außendienst. In diesem Jahr feierte die „Nürnberger“ ihr 125-jähriges Bestehen „in einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld“, so Vorstandschef Dr. Werner Rupp. Er betont: „Von der Finanzmarktkrise sind wir nicht unmittelbar betroffen.“ Auch künftig will die Nürnberger Versicherungsgruppe ihrem Motto „Wachstum mit Ertrag“ treu bleiben und eine auf langfristige Wertsteigerung ausgerichtete Geschäftspolitik betreiben. Rupp sagt: „Unsere Solidität zeichnet uns seit 125 Jahren aus und wird es auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten tun.“

Ähnlich optimistisch gibt sich Gerhard Glatz, Vorstandsvorsitzender der uniVersa Versicherungen, die 1843 gegründet wurde. „Am Kapitalmarkt haben wir frühzeitig die Weichen im Hinblick auf eine mögliche Niedrigzinsphase gestellt und rechtzeitig in festverzinsliche Wertpapiere mit langen Laufzeiten, hoher Bonität und hohen Zinscoupons umgeschichtet“, sagt Glatz. Zurzeit beschäftigt die nach eigenen Angaben älteste private Krankenversicherung rund 700 Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale in Nürnberg. Glatz geht davon aus, dass die uniVersa im Geschäftsjahr 2009 ihre Ertragsziele erreichen und „erneut eine Nettorendite mit einer vier vor dem Komma erwirtschaften“ wird. Gute Wachstumschancen sieht er in der privaten Pflege- und Zusatzversicherung, aber auch bei der privaten Altersvorsorge.

Relativ schadlos durch die Krise sind auch Nürnbergs Geldhäuser bisher gekommen. „Die Entwicklung im Jahr 2009 zeigt bisher eindeutig, dass sich das Geschäftsmodell der Sparkassen erneut bewährt hat“, sagt Dr. Matthias Everding, Vorstandschef der Sparkasse Nürnberg. Bei einer icon-Umfrage im Auftrag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes hatten 42 Prozent der Befragten die Ansicht vertreten, dass die Sparkassen in der Finanzkrise an Vertrauen gewonnen haben. Everding geht auch 2010 von einer weiterhin stabilen Entwicklung aus und unterstreicht: „Um das zu erreichen, wollen wir unsere bereits vorhandenen Stärken noch weiter ausbauen: Beratung und Nähe zum Kunden.“

Einen überdurchschnittlichen Kundenzulauf konnten auch die 28 Volks- und Raiffeisenbanken in Mittelfranken während der Finanzmarktkrise verzeichnen. Lange Zeit galten die Genossenschaftsbanken aufgrund ihrer konservativen Anlagepolitik als etwas langweilig, in der Krise haben sie sich jedoch als sicherer Hafen erwiesen. Nach Angaben von Manfred Geyer, Präsident des Bezirks Mittelfranken im Genossenschaftsverband Bayern, stiegen die Kundengelder von Juli 2008 bis Ende Juni 2009 um 5,7 Prozent auf acht Mrd. Euro. Im Kreditgeschäft profitierten die Genossen eigenen Angaben zufolge davon, dass sie die Darlehen weniger über den Kapitalmarkt als über die Einlagen der Kunden finanzieren. Zum Teil seien Kredite für Kunden zwar „geringfügig“ teurer geworden, aber eine Kreditklemme gebe es nicht. Das Volumen der Darlehen stieg nicht zuletzt durch Neukunden, die von Großbanken und Auslandsbanken überwechselten. Besonders deutlich sei die Kundenwanderung in den Städten zu spüren. So legte die VR Bank Nürnberg bei Krediten um bis zu sieben Prozent zu, sagte deren Vorstandschef Dirk Helmbrecht.

Gemeinsam mit den Genossenschaftsbanken gewann die Nürnberger TeamBank AG deutlich an Kunden und Bestandsvolumen. Schon 2008 hatte die Privatkredit-Bank mit ihrem Erfolgsprodukt easyCredit die Kundenzahl um acht Prozent auf 443 000 steigern können. „Die Kunden vertrauen in dieser unruhigen Zeit zu Recht auf easyCredit und die Genossenschaftsbanken“, so Vorstandsvorsitzender Theophil Graband. „Wir sichern die Liquidität unserer Kunden und schützen sie gleichzeitig vor Überschuldung“, erklärte Graband. easyCredit wird bundesweit in drei Viertel der Genossenschaftsbanken und in 60 easyCredit-Shops verkauft. Ein besonderes Signal für die Region setzte die TeamBank mit ihrer Unterstützung für ehemalige Quelle-Mitarbeiter. 40 Arbeitsplätze stellte der Ratenkreditexperte des genossenschaftlichen Finanzverbunds zur Verfügung, davon 20 in Nürnberg.

Über eine wachsende Zahl von Kunden kann sich auch die UmweltBank in Nürnberg freuen. Im Jahr 2009 steigerte die grüne Direktbank ihre Kundenzahl von 69 000 auf 77 000. „Anleger wechseln gezielt zu uns, da sie wissen möchten, was mit ihrem Geld passiert“, betont Vorstandschef Horst P. Popp. Auch im kommenden Jahr wollen die Umweltbanker ihren „gesunden und soliden Wachstumskurs“ fortsetzen. In der Satzung des Instituts ist verankert, dass Kundeneinlagen ausschließlich in Umweltprojekte fließen. Im kommenden Jahr wollen die Umweltbanker ihrem Förderauftrag nachkommen und, so Popp, „Projekte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien unterstützen“.

Am deutlichsten haben unter Nürnbergs Finanzdienstleistern die Onlinebroker von Cortal Consors die Krise zu spüren bekommen. Da die Tochtergesellschaft der BNP Paribas kein Investmentbanking und kein Immobilienfinanzierungsgeschäft betreibt, war die Bank nicht direkt, aber durch die starke Zurückhaltung ihrer Kunden bei langfristigen Geldanlagen in Investmentfonds und Zertifikaten doch indirekt von der Krise betroffen. Kai Friedrich, Deputy-CEO von Cortal Consors Deutschland, sagt: „So wird 2009 vermutlich kein Rekordjahr, aber ein gutes Jahr.“ Für 2010 erwartet er eine gute Entwicklung, „weil es zur privaten Vorsorge weiterhin keine Alternativen gibt.“

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2009, Seite 14

 
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