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Zeitarbeit

Nach der Ausbildung in Führungspositionen

Die Branche hat ihre Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung deutlich ausgeweitet. Ein Meilenstein war die Einführung des Ausbildungsberufs „Personaldienstleistungskaufmann“ vor vier Jahren.

Die gute Konjunkturentwicklung hat der mittelfränkischen Zeitarbeitsbranche Wachstumsraten beschert und damit die Karriereperspektiven sowohl für das Stammpersonal als auch für die Zeitarbeitnehmer verbessert. So ist etwa ein ehemaliger Auszubildender, der bei dem Nürnberger Zeitarbeitsunternehmen Hofmann Personal im Jahr 2003 ausgelernt hatte, rasch in seine Führungsrolle hineingewachsen und führt aktuell als Niederlassungschef 700 Mitarbeiter. Und eine Hochschulabsolventin stieg nach dem Studium zunächst als Zeitarbeitnehmerin ein, wechselte nach mehreren Jobs in die Stammmannschaft, stieg zur Niederlassungsleiterin auf und verantwortet heute als Regionalgebietsleiterin 5 000 Leiharbeiter.

Während viele Branchen von Bewerbern ohne stringenten Lebenslauf die Finger lassen, gelten bei Hofmann Personal „Quereinsteiger als Gewinn“, wie die stellvertretende Personalchefin Andrea Vogeler sagt. Großes Augenmerk setzt das Unternehmen allerdings auf die Entwicklung des eigenen Nachwuchses. Von den bundesweit aktuell 22 Azubis, werden sieben in Nürnberg ausgebildet, sechs Kaufleute für Bürokommunikation und ein Personaldienstleistungskaufmann. „Wir hätten gern mehr gewollt, konnten aber nicht alle Lehrstellen besetzen.“

Der Ausbildungsberuf Personaldienstleistungskaufleute (PDK) wurde 2008 eingeführt und gilt als passgenaue Qualifikation für die Branche. Udo Göttemann, Leiter Berufsausbildung bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken, spricht der Lehre gute Karrierechancen zu, da man nach der Ausbildung schnell in Eigenverantwortung und Leitungsaufgaben gelangen könne. Seit der Einführung haben sich in der Region Nürnberg 165 junge Menschen für diesen Ausbildungsgang entschieden, davon 46 im vergangenen Jahr. Selbst drei branchenfremde Unternehmen bilden eigene PDKs aus. In großen Unternehmen außerhalb der Zeitarbeitsbranche wird der Ausbildungsgang besonders wegen der umfassenden Kenntnisse im Personalbereich geschätzt.

Mittelfranken sei bundesweit eine der Regionen, die die junge Ausbildungsmöglichkeit am stärksten nutzen, weiß Stephan Giesbert. Der Geschäftsführer der Nürnberger Fürst Personaldienstleistungen GmbH schwärmt von einem „Superberuf mit unglaublichen Karrierechancen“. Das Unternehmen, das seit der ersten Stunde PDKs ausbildet, übernimmt generell jeden Ausgelernten, um die eigene Mannschaft zu verstärken.

Gefragter Ausbildungsberuf

Selbst dann, wenn Unternehmen auf die Ausbildungsvergütung noch extra etwas drauflegen müssen. Denn die Klassen an den Berufsschulen sind bei dem jungen Ausbildungsgang mit bundesweit gerade 1 185 neuen Nachwuchs-Personalexperten im letzten September knapp gesät. „Nur wenige Ausbildungen haben sich in so kurzer Zeit so gut am Markt etablieren können“, ergänzt Mirco Melega, Vizepräsident im Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP), der im vergangenen Jahr aus dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) hervorgegangen ist.

Zu den Kinderkrankheiten neuer Berufe gehört das grundsätzliche Problem, dass die Schulbuchverlage zeitlich hinterherhinken, betont Göttemann. Darüber ärgert sich auch Lars Stiefvater, Chef der Nürnberger Lars Stiefvater Personalkonzepte GmbH. Seine Auszubildende habe keine Schulbücher, alles müsse kopiert werden. Außerdem sei der Lehrstoff für junge Menschen mit 16 oder 17 Jahren streckenweise etwas überdimensioniert und gehe teilweise an der Praxis kleinerer Unternehmen vorbei.

Stephan Giesbert von der Firma Fürst hält das Engagement von Berufsschullehrern, die sich in ihrer Freizeit Praxiskenntnisse in den Betrieben aneignen, für vorbildlich. Er würde es begrüßen, wenn alle Lehrkräfte für die PDK-Ausbildung in der Zeitarbeitsbranche hospitieren. Wie auch andere Unternehmen bietet Fürst Personaldienstleistungen Schnupperwochen für Berufsschullehrer. Aber auch bei seinen Azubis zeigt sich Giesbert flexibel. Mit anderen Unternehmen, die etwa Bürokaufleute ausbilden, tauscht er – wenn es der Lehrplan zulässt – für sechs Wochen die Auszubildenden, damit sie möglichst früh andere Betriebsluft schnuppern können.

Andere Formen, wie etwa die Verbundausbildung sind laut Göttemann eher selten. So hat sich die Idee nicht durchgesetzt, dass Zeitarbeitsunternehmen für ihre Kunden zusätzlich ausbilden, teils mit Zuschüssen von den Arbeitsagenturen. Auch andere Varianten, in denen Azubis von Personaldienstleistungsunternehmen eingestellt und bei Industrieunternehmen ausgebildet werden, seien nur Einzelfälle.

Auch die PDKs, die bei Hofmann Personal lernen, werden alle übernommen und starten als Disponenten. Damit sind sie nach Worten von Andrea Vogeler bereits Führungskräfte und haben einen „Superstart“. Das Lernen ist dann aber längst nicht vorbei. Über die firmeneigene Hofmann Akademie werden kontinuierlich Themen wie Tarifrecht, Werkvertrag, aber auch Führung und Verkauf vertieft. Die Personalexpertin sieht gerade die Schulungen beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz und deren konsequente Umsetzung als Ursache dafür, dass die Unfallquote des Familienunternehmens unter dem von der zuständigen Berufsgenossenschaft ermittelten Branchendurchschnitt rangiert.

Weiterbildung

Ausbildung und interne Weiterbildung sind allerdings nicht die einzigen Karrierebausteine. Manche entscheiden nach der Lehre, sich nebenberuflich zum Personaldienstleistungsfachwirt (IHK) weiterzuqualifizieren, nachdem das Bundesbildungsministerium Anfang 2011 die entsprechenden Voraussetzungen dafür geschaffen hatte. Vogeler hat aktuell zwei ehemalige Auszubildende, die Jura bzw. Betriebswirtschaft studieren und in den Semesterferien bei Hofmann Personal jobben. Außerdem hat die Fachhochschule Gießen-Friedberg mit den Berufsverbänden den Einstieg in die akademische Ausbildung für Personaldienstleister entwickelt. Der nebenberufliche Zertifikatsstudiengang richtet sich vor allem an Branchenbeschäftigte, die sich durch ein Studium zum „Zertifizierten Personaldienstleister“ weiter qualifizieren wollen.

Auch für Zeitarbeitnehmer stehen Angebote im Bereich Sprachen oder IT zur Verfügung. Mitarbeiter ohne Spezialwissen könnten sich als CNC-Dreher oder Staplerfahrer weiterbilden. Das stärkt nicht nur die eigene Qualifikation, sondern erleichtert auch das Verleihgeschäft und hilft somit den Kundenbetrieben, ihren Bedarf schneller zu decken.

Der Erlanger Personaldienstleister Heiserv GmbH setzt überwiegend auf die unternehmenseigene Heitec-Akademie, damit die Zeitarbeitnehmer etwa im Software-Bereich Wettbewerbsvorteile haben. „SAP bei Siemens ist etwas ganz anderes als die SAP-basierte Software bei Areva“, unterstreicht Geschäftsführerin Sylvia Friedmann. Zwar bediene man Kundenanfragen von Helfern und Facharbeitern über Betriebswirte bis hin zu diplomierten Mathematikern. „Besonders stark“ sieht sich Friedmann allerdings im Bereich IT-Umfeld mit Anwendern, Programmierern und Administratoren. Dazu gehört auch die gezielte Schulung im Projektmanagement sowohl für Team-Mitarbeiter als auch für Projektleiter – etwa im Zeitmanagement oder in der Software MS Project.

Aus- und Weiterbildung wird auch bei der Nürnberger IPN Brainpower GmbH & Co. KG, ein Spezialist für Engineering- und IT-Dienstleistungen, groß geschrieben. Neben der Ausbildung von zuletzt vier PDK-Azubis für den internen Bedarf werden auch die Zeitarbeitnehmer – „zu 90 Prozent Ingenieure“ – passgenau weitergebildet, berichtet Claudia Böhm über ihr Unternehmen. Neben monatelangen Trainings mit CAD-Programmen würden auch intensiv „Soft Skills“ geschult, wie z.B. sprachliche Fertigkeiten, Zeitmanagement oder Projektarbeit. Böhm sieht darin auch einen wichtigen Baustein, um die Arbeitgebermarke zu stärken. Nur dann könne man auch in einem schwierigen Markt ausreichend neue Mitarbeiter rekrutieren.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2012, Seite 36

 
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