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Casino Lichtspiele Eckental

Gallisches Dorf der Kinobranche

Antje Bezold auf Tuchfühlung mit Piratenkapitän Johnny Depp - Foto Greiner © Udo Greiner

Auf Tuchfühlung mit Jack Sparrow: Antje Bezold neben einer Puppe mit Piratenkostüm, passend zum Film „Fluch der Karibik“.

Seit 1959 bestehen die Casino-Lichtspiele in Eckental und haben sich als einzige Einrichtung ihrer Art im Landkreis Erlangen-Höchstadt gegenüber den Multiplex-Häusern in den benachbarten Großstädten behauptet – wie das gallische Dorf aus den Asterix-Comics.

Das Unternehmen, von Hans und Erna Weber gegründet, überstand auch das Kino-Sterben in den 80er Jahren. Damals schossen die Videotheken wie Pilze aus dem Boden und viele Lichtspielhäuser wurden in Supermärkte verwandelt – so auch 1970 das „Thalia“-Kino in Forth, das auch die Webers schon 1956 aus dem Boden gestampft hatten.

Doch dem Casino in der Eschenauer Hauptstraße 55 auf dem Gelände des ehemaligen „Matthersen-Hofes“ konnten selbst das DVD-, das Blue-Ray- und das Internet-Zeitalter nichts anhaben. Die heutige Chefin Antje Bezold, Jahrgang 1963, die das von ihren Eltern gegründete Haus 1997 übernommen hat, versteht es mit einer bunten Mischung aus deutschen Hits, Kinderfilmen, Blockbustern und Arthouse-Angeboten außerhalb des Mainstreams, weiterhin Publikum anzuziehen.

Es ist nicht leicht, im Wettbewerb zu bestehen: Jeweils 47 Prozent der Ticket-Einnahmen müssen an den Verleih überwiesen werden – bevor überhaupt daran zu denken ist, dass unter dem Strich etwas übrig bleibt. 100 000 Euro an Investitionen waren nötig, um statt der überholten 35-Millimeter-Rollen die Filme über Festplatten übertragen zu können. Seitdem sorgt digitale Technik für ein spürbares Qualitätsplus: Im „Fluch der Karibik“ kommt dem Besucher nun der Säbel von Piratenkapitän Jack Sparrow gestochen scharf und dreidimensional gefährlich nahe und den Ton hört man inzwischen über Dolby Surround 7.1.

Da es die jungen Leute eher nach Nürnberg zieht, lässt Antje Bezold die von dieser Zielgruppe gern gesehenen Actionstreifen eher links liegen und konzentriert sich auf Titel, die sich an Familien, Kinder und das anspruchsvolle Publikum richten. Wobei das Einzugsgebiet mittlerweile von weit hinter Gräfenberg bis Heroldsberg und von Neunkirchen bis Lauf und Schnaittach reicht. Als einer der größten Hits aller Zeiten mit dem meisten Zuspruch erwies sich für das Casino der Monumentalfilm „Titanic“.

Antje Bezold reichert das Angebot nicht nur mit unterschiedlichen Genres an, sondern lässt sich immer wieder besondere Gags einfallen. So tritt schon einmal beim Kinderprogramm ein Zauberer auf oder es gibt den Erotikfilm „Fifty Shades of Grey“ um Mitternacht mit Prosecco und roten Rosen vornehmlich für ein weibliches Publikum, das dann auch in speziellen Kostümen die reservierten Karten entgegen nimmt. Als die Abenteuerkomödie „Snow Dogs“ lief, warteten echte Schlittenhunde am Eingang, bei „Bärenbrüder“ tapste plötzlich ein riesiger „Petz“ durch die Stuhlreihen. Und nach einer Sondervorstellung zugunsten kriegsgeschädigter Kinder im Irak wurden die gesamten Einnahmen einem Unicef-Botschafter überreicht.

Wegen dieser Aktivitäten steht das Casino in Eschenau, dessen Filmprogramm zu 60 Prozent das Gütesiegel „Prädikat“ trägt, immer weit vorne, wenn der Filmförderpreis der Bayerischen Staatsregierung vergeben wird. Und einmal gab es sogar den Kinoprogrammpreis der Bundesregierung für die gelernte Versicherungskauffrau Antje Bezold.

Autor/in: 

(ug.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 85

 
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