Bayerisches Wirtschaftsarchiv: Arbeiter im "Sonntagsstaat"
Im Jahr 1838 gründete Joseph Anton von Maffei in der Hirschau bei München – heute ein Teil des Englischen Gartens – mit dem „Eisenwerk Hirschau“ die erste Lokomotivfabrik Bayerns. Drei Jahre später erfolgte dort die Fertigstellung des ersten Maffei-Dampfrosses, das auf den Namen „Der Münchner“ getauft wurde.
1874, heute vor 150 Jahren, wurde die eintausendste Maffei-Lokomotive ausgeliefert. Zur Feier dieses Produktjubiläums bekam Hugo von Maffei, der seit dem Tod seines Onkels Joseph Anton im Jahr 1870 an der Spitze des Unternehmens stand, ein kunstvoll gestaltetes Fotoalbum als Geschenk aus dem Kreis der Beschäftigten überreicht. Sie brachten damit ihren Dank und ihre Wertschätzung gegenüber der Unternehmensleitung zum Ausdruck, deren Engagement es ihnen, den Arbeitern, ermöglichte, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Das über elf Kilogramm schwere, 44 x 35 x 13 cm große Album enthält 24 „Blätter“. Diese bestehen aus zusammengeklebten und mit Goldschnitt versehenen Karton-Passepartouts mit Porträtfotos von insgesamt 225 Mitarbeitern. Der Einband ist hochwertig mit Leder, Samt und vergoldetem Schmiedewerk verziert. Durch zwei metallene Riegel lässt sich das Buch verschließen. Eine beiliegende Liste nennt die Familiennamen der Abgebildeten und kurze Zwischenüberschriften ordnen sie ihrem jeweiligen Arbeitsbereich zu. Der (auch finanzielle) Aufwand für die Anfertigung des Albums mithilfe der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Technik der Fotografie, kann kaum hoch genug angesetzt werden.
Die Männer präsentieren sich in würdevollem Ernst in ihrem „Sonntagsstaat“, stolz, diesem Unternehmen angehören zu dürfen. Die Belastungen des schweren Arbeitsalltags bleiben bei diesem Objekt selbstverständlich gänzlich ausgeblendet.
Autor: Dr. Harald Müller
Webcode: N694