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IHK-Konjunkturklima

Etwas Tempo rausgenommen

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Die mittelfränkische Wirtschaft meldet eine leichte Beruhigung der Geschäfte, erwartet aber eine anhaltend gute Konjunktur in den nächsten Monaten.

Im Frühsommer 2018 befindet sich die mittelfränkische Wirtschaft weiter im Aufwind, allerdings haben die Expansionsraten ihren Höhepunkt überschritten. Im Vergleich zum Rekordhoch zu Jahresbeginn bewerten die Betriebe die aktuelle wirtschaftliche Lage bei der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage etwas schlechter. Die Aussichten für die kommenden Monate bleiben jedoch positiv, was auf weiteres Wachstum bei geringerem Tempo hindeutet. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die aktuellen Lageurteile und die Geschäftserwartungen zusammenfasst, sinkt um 6,5 Punkte und erreicht nun 131,5 Punkte. Dies ist allerdings immer noch ein Spitzenwert im Durchschnitt der vergangenen 25 Jahre. „Die gute Wirtschaftslage im In- und Ausland trägt den Aufschwung in sein achtes Jahr“, so IHK-Chefvolkswirtin Dr. Maike Müller-Klier.

Aktuelle Geschäftslage

Die mittelfränkische Wirtschaft berichtet von einer weiterhin lebhaften Geschäftstätigkeit: Derzeit bezeichnen 53 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage als gut, weitere 39 Prozent sind zufrieden, eine Verschlechterung melden nur acht Prozent. Damit sinkt die Lagebeurteilung deutlich um elf Punkte gegenüber der Vorbefragung, die einen Rekordwert der bisherigen IHK-Konjunkturumfragen markierte. Der Saldo der Bewertungen liegt aber immer noch sehr hoch bei 45 Punkten und erreicht damit das Niveau von vor einem Jahr. Die Nachfrage ist sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland weiterhin rege.

Das aktuell gute Geschäftsniveau wird Bestand haben, davon geht die Mehrheit der mittelfränkischen Unternehmen aus: 66 Prozent von ihnen erwarten konstant gute Geschäfte in den kommenden Monaten. Mit einer weiteren Verbesserung rechnet rund ein Viertel der Betriebe. Im Saldo sinkt der Erwartungswert um zwei Punkte und erreicht aktuell solide und zuversichtliche 20 Punkte. Die positiven Zukunftsaussichten sind branchenübergreifend, einzig der Handel ist unentschlossen.

Betriebe investieren kräftig

Die Kapazitätsauslastung ist weiterhin sehr hoch, in der Bauwirtschaft machen sich bereits Engpässe bemerkbar. Dort schaffen es die Unternehmen kaum noch, die eingehenden Aufträge abzuarbeiten. Deshalb will die mittelfränkische Wirtschaft in den kommenden Monaten kräftig investieren: Mehr als ein Drittel der Betriebe plant, die Investitionsausgaben zu erhöhen, nur sieben Prozent wollen sie senken. Ein Großteil der Betriebe (47 Prozent) möchte das Niveau halten. Per Saldo steigt die Investitionsneigung damit um sieben Punkte und erreicht mit 29 Punkten einen Spitzenwert wie zuletzt im Herbst 2010. Der Schwerpunkt der Investitionen liegt im Inland – dies ist ein positives Signal für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Hauptmotive bei Inlandsinvestitionen sind derzeit Kapazitätserweiterungen und Ersatzbeschaffungen.

Fachkräfte dringend benötigt

Die mittelfränkischen Betriebe sind hinsichtlich der Beschäftigungsentwicklung weiter sehr optimistisch: Gut 18 Prozent von ihnen planen, im laufenden Jahr zusätzliches Personal einzustellen, gerade einmal acht Prozent halten einen Stellenabbau für notwendig. Drei Viertel der Betriebe wollen an ihrem Mitarbeiterstamm festhalten. Der hohe Personalbedarf zieht sich quer durch alle Branchen; die Unternehmen melden zunehmende Probleme, geeignete Fachkräfte zu finden.

Konjunkturklima nach Wirtschaftszweigen

Industrie: Die mittelfränkische Industrie befand sich im gesamten Jahresverlauf 2017 auf einem stabilen Wachstumskurs und erreichte zu Jahresbeginn 2018 Rekordwerte. Im Frühjahr geht das Tempo etwas zurück, der Saldo der Lageeinschätzung sinkt um acht Punkte, liegt aber mit 50 Punkten weiterhin auf einem hohen Niveau. Nahezu unverändert ist der Anteil der Industriebetriebe, die von einer weiteren Verbesserung der Geschäftslage berichten (58 Prozent); nur acht Prozent vermelden schlechtere Geschäfte. Die leicht gestiegene Unzufriedenheit geht vorwiegend auf die Produzenten von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern zurück, die Vorleistungs- und die Investitionsgüterindustrie bleiben höchst positiv gestimmt. Die Auftragsbestände sind weiter angestiegen, die Kapazitätsauslastung bleibt hoch. Neben den anhaltend guten Geschäften der mittelfränkischen Industrie in Nordamerika und China hat sich insbesondere die Einschätzung des Asien-Pazifik-Raumes erneut verbessert.

Die Erwartungen der mittelfränkischen Industrie für die nächsten Monate sind äußerst optimistisch: Mehr als ein Drittel der Betriebe rechnet mit einer weiteren Verbesserung der jetzt schon guten Geschäftslage, nur jeder 20. Betrieb erwartet das Gegenteil. Außerdem ist die Investitionsneigung der Industrie deutlich angestiegen, weil die Produktion an der Kapazitätsgrenze läuft. Auch die Zahl der Mitarbeiter soll nochmals erhöht werden.

Bauwirtschaft: 87 Prozent der Baubetriebe berichten von einer guten Geschäftslage, 13 Prozent sind zufrieden, Unzufriedenheit ist derzeit in der Baubranche nicht zu finden. Damit setzt sich der Boom der mittelfränkischen Bauwirtschaft fort, die Branche kann sich angesichts der guten Konjunktur und der hohen Nachfrage nach Immobilien vor Aufträgen kaum retten. Neben weiterhin guten Auftragseingängen im Wohnungsbau sind aktuell Zuwächse aus dem Wirtschafts- und dem öffentlichen Bau die großen Treiber der Branche. Auch für die nächsten Monaten sind die Erwartungen äußerst positiv: 57 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer gleichbleibend guten Entwicklung, 43 Prozent sogar mit weiteren Zuwächsen, keiner erwartet Gegenteiliges. Im Saldo steigen die Erwartungen der Branche um satte 28 auf 43 Punkte an. Um die Aufträge abarbeiten zu können, wollen die Bauunternehmen verstärkt investieren und Personal einstellen. Neun von zehn Unternehmen gehen davon aus, dass die Baukosten weiter anziehen.

Handel: Die Stimmung im Handel ist derzeit verhalten. Nach den Spitzenwerten zum Jahreswechsel wird die geschäftliche Lage im Frühjahr deutlich zurückhaltender bewertet. Immerhin 40 Prozent der Handelsunternehmen bezeichnen ihre Lage aber als gut und 48 Prozent sind weiterhin zufrieden. Allerdings berichten 13 Prozent über einen Rückgang der Geschäfte gegenüber dem überaus guten Geschäft zum Jahreswechsel. Dies geht vor allem auf die Einschätzung der Einzelhändler zurück, dagegen stellen Großhandel und Handelsvertretungen keine Verschlechterung der Geschäftslage fest. Immerhin geht die Branche davon aus, dass sich die Geschäfte in den kommenden Monaten konstant entwickeln. Investitionsabsichten und Beschäftigungspläne folgen dieser Markteinschätzung und gehen entsprechend zurück. Beim Personalbedarf haben die Händler zu 80 Prozent ein Ziel: Mitarbeiter halten.

unternehmensnahe Dienstleistungen: Auch die unternehmensnahen Dienstleister verlassen die zum Jahreswechsel erreichte Rekordzone, notieren aber weiterhin auf hohem Niveau. Mehr als jedes zweite Unternehmen berichtet von gestiegenen Umsätzen in den vergangenen Monaten, nur sechs Prozent melden Gegenteiliges – somit erreicht der Dienstleistungssektor den Wert von vor einem Jahr. Besonders zufrieden sind weiterhin die mittelfränkischen Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK). Für die kommenden Monate rechnen insgesamt 28 Prozent der Unternehmen aus den unternehmensnahen Dienstleistungen mit weiteren Verbesserungen, rund zehn Prozent erwarten eine Verschlechterung, die Mehrheit von 62 Prozent geht von konstant guten Geschäften aus. Damit fallen die Erwartungen nicht mehr so euphorisch aus wie bei der letzten IHK-Konjunkturumfrage, sind aber noch klar positiv. Diesen weiteren Anstieg der Geschäftstätigkeit möchten die Dienstleister mit mehr Personal bewältigen, wobei ihnen jedoch der Arbeitsmarkt Grenzen setzt. Besonders das Transportgewerbe und die IuK-Betriebe benötigen für ihre Geschäftsentwicklung mehr Mitarbeiter. Zusätzlich planen die unternehmensnahen Dienstleister, die Investitionen nochmals zu erhöhen.

verbrauchernahe Dienstleistungen: Die aktuelle Geschäftslage hat sich im Frühjahr etwas verschlechtert und liegt damit geringfügig unter dem guten Vorjahreswert. Dagegen ist sich die Branche über alle Sektoren einig, dass sich die Geschäfte in den kommenden Monaten gut entwickeln dürften. Allerdings beklagen die Dienstleister unisono Personalmangel, steigende Arbeitskosten sowie umfangreiche Bürokratie und Dokumentationspflichten. Die verbrauchernahen Dienstleister planen in den nächsten Monaten wie die meisten anderen Branchen umfangreiche Investitionen und zahlreiche Neueinstellungen.

Im Frühjahr 2018 befindet sich die gesamte Wirtschaft nach wie vor im Aufschwung. Doch die verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten werden allmählich knapper, sodass die Konjunktur etwas an Tempo verliert. Dennoch bleibt die Wirtschaft nach Aussage von IHK-Konjunkturexpertin Dr. Maike Müller-Klier in Schwung. Die Weltwirtschaft wächst und regt die Exporte weiter an und auch die Binnenwirtschaft dürfte aufgrund der außerordentlich günstigen Lage auf dem Arbeitsmarkt dynamisch bleiben.

Allerdings scheinen die Expansionsraten ihren Höhepunkt überschritten zu haben: In allen Branchen zeichnet sich ab, dass Grenzen bei den Produktionskapazitäten und beim Fachpersonal erreicht werden. Für 67 Prozent der mittelfränkischen Betriebe ist der Fachkräftemangel mittlerweile das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Das ist die höchste Risikoeinschätzung überhaupt seit Messung des IHK-Konjunkturklimas. Die Unsicherheiten bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen schätzt die mittelfränkische Wirtschaft unverändert hoch ein. Die Wirtschaftspolitik der USA und protektionistische Tendenzen dürften für die Eintrübung der Stimmung mit verantwortlich sein. Jedoch braucht Mittelfranken mit seiner starken Exportorientierung – wie die gesamte globale Wirtschaft – verlässliche Regeln für den grenzüberschreitenden Güteraustausch.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 20

 
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