Wirtschaft kämpft gegen Überregulierung
Praktikerrat: Vertreter von Wirtschaft, Politik und kommunaler Verwaltung tauschten sich über Bürokratieabbau aus.
Weniger Bürokratie, mehr Praxistauglichkeit und neues Vertrauen in wirtschaftliches Handeln: Das fordert der gemeinsame Praktikerrat der IHK Nürnberg für Mittelfranken und der Handwerkskammer für Mittelfranken (HWK). Bei einem Treffen im „Haus der Wirtschaft“ in Nürnberg kamen Vertreter von Wirtschaft, Politik sowie kommunaler Verwaltung aus kreisfreien Städten und Landratsämtern zusammen. Sie tauschten sich darüber aus, wie sich praxisnahe Lösungen für weniger Bürokratie in der Bauwirtschaft entwickeln lassen.
Ein Grund für das Treffen: Viele Betriebe aus dem Planungs-, Bau- und Ausbaugewerbe wünschen sich einen Wandel hin zu mehr Vertrauen und weniger Bürokratie. Statt kleinteiliger Kontrollen und starrer Vorgaben braucht es pragmatische Freiräume und mehr Eigenverantwortung – gerade dort, wo Unternehmen Klima-, Ressourcen- oder Arbeitsschutz umsetzen. Zugleich müssen Regeln verlässlich gelten und Missbrauch konsequent geahndet werden.
Das machten auch die anwesenden Vertreter von Unternehmen und Handwerk deutlich. Sie berichteten über Fälle bürokratischer Hürden aus ihrem Alltag: So müssten beispielsweise Betriebsurlaube wegen fehlender Genehmigungen verlängert werden. Dachdecker hätten mit kleinteiligen Herkunftsnachweisen von Dachlatten zu kämpfen. Und Bauunternehmen bekämen keine Erlaubnis, Altholz zu verwerten, weil sie keine holzverarbeitenden Betriebe seien.
Ein weiteres Problem stellt sich, wenn Unternehmen Auskunft über den aktuellen Bearbeitungsstand eines Bauantrags haben wollen: Grund ist unter anderem, dass die Formulare von mehreren Stellen bearbeitet werden. Hier könnte eine digitale Lösung Verbesserung bringen, vergleichbar einer Sendungsverfolgung bei Paketzustellungen. Ein weiterer Lösungsansatz, den IHK und Handwerkskammer der Staatsregierung vorschlagen: Wenn die Wirtschaft bei Satzungsänderungen vorab einbezogen würde, könnten Fehlsteuerungen vermieden werden. Ein Beispiel sind kommunale Satzungen, die den Nachweis von Stellplätzen regeln.
Bürokratieabbau sei in der Bevölkerung so massiv angekommen wie kaum ein anderes Thema, erklärte Walter Nussel, Beauftragter für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung. Sein Leitbild sei Artikel 153 der Bayerischen Verfassung, der dazu anhält, Betriebe in ihrer Entwicklung zu fördern und vor Überlastung zu schützen. Für ihn stehen bei der Umsetzung drei Aspekte im Vordergrund: „Mehr Eigenverantwortung, Kommunikation verbessern, praxisnahe Umsetzung“, so Nussel. „Wir müssen vor die Lage kommen und lieber vor Veröffentlichung von Rechtsnormen aus der Praxis heraus analysieren, als im Nachhinein gegenzusteuern.“ Auch IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann plädierte für mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz: „Was wir vorschlagen, ist kein Abbau von Qualität, sondern ein Abbau von Überregulierung. Wir wollen nicht weniger Kontrolle, sondern intelligentere Verfahren. Und wir wollen nicht weniger Nachhaltigkeit, sondern mehr Wirtschaftlichkeit durch weniger Hürden.“
Die Mitglieder des Praktikerrats wollen ihren Austausch fortführen und intensivieren. Dazu sollen weitere Treffen von IHK und HWK mit der Bayerischen Staatsregierung stattfinden. Das Gremium war im Sommer 2024 von den beiden Kammern ins Leben gerufen worden und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „Planen und Bauen“. Die Beteiligten diskutieren Möglichkeiten, wie Genehmigungsverfahren sowie Baustellenplanung und -management effizienter werden können. Hintergrund sind zahlreiche Klagen von Unternehmen aus der Bauwirtschaft, die eine zu hohe Regelungsdichte kritisieren. Die Anregungen des Praktikerrats aus dem vergangenen Jahr fanden bereits Eingang in die Modernisierungsgesetze Bayerns.
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