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Clearaudio

Tonmeister aus Erlangen

Robert Suchy am Clearaudio-Plattenspieler namens Element - Foto Greiner © Udo Greiner

Rillenliebhaber: Robert Suchy am Clearaudio-Plattenspieler namens Element.

Trotz Musik-Downloads und -Streaming: Clearaudio stellt erfolgreich hochwertige Vinyl-Abspielgeräte her.

Es passt auf den ersten Blick nicht in die heutige Zeit: Die Erlanger Plattenspieler-Manufaktur Clearaudio electronic GmbH verkauft ihre Geräte aktuell in 81 Ländern der Erde und erzielt damit zwölf Mio. Euro Umsatz mit steigender Tendenz. Eigentlich war 1989 der Tod der Schallplatte eingeläutet, als der Technologieriese Sony den Abschied von Vinyl verkündete und auf die damalige Weltneuheit Compact Disc setzte. Heute ist die CD auf den absteigenden Ast gerutscht, die Schallplatte dagegen erlebt ein für viele unerwartetes Comeback. Sony baut in Tokio ein Presswerk. Der weltweite Großhandelsumsatz mit Vinyl erreichte 2016 rund 560 Mio. US-Dollar und damit 23,5 Prozent mehr als im Vorjahr, in Deutschland hat sich der Umsatz zwischen 2008 und 2016 verachtfacht. Das nach eigenen Angaben weltweit größte Schallplattenpresswerk im tschechischen Lodenice stellt mit 1 400 Mitarbeitern im Dreischichtbetrieb täglich 65 000 der wieder heiß begehrten Scheiben her – auch wenn sich der runde Tonträger hierzulande mit einem Marktanteil von 4,4 Prozent immer noch in der Nische befindet.

Robert Suchy ist bei Clearaudio für den Export zuständig und seit 2005 in der Geschäftsführung tätig – zusammen mit seinen Geschwistern Veronika, die im Personal arbeitet, und Patrick, der bei Entwicklung und Design aktiv ist. Suchy sieht als Ursache des Booms das „GänsehautFeeling, wenn man Musik in ihrer Reinheit und Klarheit erlebt“. Er merke das bei Schulklassen, die die Firma besuchen und denen er zuerst die blecherne Musik aus dem Handy vorspielt. Dann legt er eine Platte in die 400 Kilo schwere Anlage namens „Statement“ und liefert den klaren und wuchtigen Clearaudio-Sound: „Als ob die Band mit im Raum wäre“, sagt er. Der Nachwuchs sei dann schier aus dem Häuschen.

Vater Robert Suchy, Jahrgang 1945, einst Ingenieur im Kraftwerksbau, hatte 1978 in Fürth die Firma ins Leben gerufen und zuerst Lautsprecher sowie Tonabnehmer produziert. Schon im ersten Jahr erntete er weltweite Popularität, als er sich einen vollsymmetrischen Tonabnehmer mit Bor-Nadelträger patentieren ließ – bis heute Maßstab für viele Hersteller. Ab 1990 konzentrierte er sich auf Plattenspieler. Für sein Lebenswerk erhielt er von der Zeitschrift „Stereoplay & Audio“ die in der Branche begehrte Auszeichnung „Das Goldene Ohr“.

Seine Kinder schwimmen auf der Erfolgswelle weiter, sammeln Preise en masse und folgen dabei der Devise des Unternehmens, wonach dessen Produkte global einzigartig und unverwechselbar seien und sich den Anforderungen der audiophilen Musikliebhaber in aller Welt individuell anpassten. Clearaudio-Geräte – zwischen 1 200 Euro und in Sonderanfertigung für weit über 100 000 Euro zu haben – werden von einer 50-köpfigen Belegschaft in Handarbeit gefertigt, mit hochwertigen Materialien, berührungslosen Magnetantrieben sowie mit Panzerholz, das unter dem Druck von 60 Tonnen verleimt wurde, was zum „absolut ruckel- und rumpelfreien Lauf“ führt. 90 Prozent der Produkte gehen in den Export – jeweils ein Drittel nach Amerika, nach Europa/Afrika und nach Asien/Pazifik, wobei sich die USA, China, Großbritannien und die Philippinen zu Wachstumstreibern entwickeln.

Die 2001 bezogene Zentrale am Rande des Erlanger Meilwalds – wo 55 bis 60 Prozent der Teile der Plattenspieler selbst hergestellt werden – platzt bei nur 2 800 Quadratmetern Nutzfläche aus allen Nähten. So bezog man ein Teilelager in Tennenlohe und ein Archiv in Forchheim, das hauptsächlich alte Prototypen beheimatet. „Vielleicht mal was für ein Museum“, sagt Suchy. In diesem könnte die Nachwelt dann erfahren, dass es einen Wirtschaftszweig gegeben hat, bei dem Analog gegen Digital gewinnen konnte – aus heutiger Sicht ein äußerst seltenes Phänomen.

Autor/in: 

(ug.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2018, Seite 69

 
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